Elbvororte streiten über Barrierefreiheit für Behinderte

„MASSIVE DISKRIMINIERUNG“

Hamburger Abendblatt, Katy Krause
Auszug aus dem Artikel vom 23.01.2018

Hamburg. Es sind nur ein paar Stufen, schnell bewältigt und wenig beachtet von denjenigen, die gesund sind. Doch für manche bedeuten sie die Welt. Wer zum Beispiel im Rollstuhl sitzt, den halten diese Treppen davon ab, an einer Veranstaltung und damit letztlich am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Dabei garantiert die Uno-Behindertenrechtskonvention Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigt mit anderen am politischen und öffentlichen Viele öffentliche Gebäude in den Elbvororten sind nicht barrierefrei. Behindertenverband kritisiert Situation als tragisch.
Deutschland hat sich dem verpflichtet. In der Praxis sieht es anders aus. Auch überall in den Elbvororten finden sich zahlreiche Barrieren. Das aktuelle Beispiel, an dem sich die Diskussion entfacht hat, spielt sich in Blankenese ab. Dorthin hatte die  Altonaer Bezirksverwaltung kürzlich eingeladen. In der Aula des Marion Dönhoff Gymnasiums wurde über die zukünftige Gestaltung Sülldorfs diskutiert. Unter anderem war der geplante Neubau eines Musikcampus‘ Thema. Es ging aber auch um den Auftakt eines Wohnbauprojekts, das Strahlkraft für ganz Hamburg entwickeln soll – und zwar um die Verdichtung an Hauptverkehrsstraßen. Das zog rund 250 Interessierte an.

Draußen bleiben mussten allerdings gehbehinderte Menschen. Denn die Aula im ersten Stock der Schule verfügt über keinen Fahrstuhl. Die öffentliche Veranstaltung wurde daher ausdrücklich als nichtbarrierefrei deklariert. Alternativen: Fehlanzeige. „Das ist eine massive Diskriminierung“, kritisiert Johannes Köhn als Geschäftsführer der Hamburger Landesgemeinschaft für
Menschen mit Behinderung. „Es gibt aber leider jede Menge auch öffentlicher Gebäude, die für Menschen mit Behinderung nicht geeignet sind. Es ist einfach tragisch.“

Laut Bezirksverwaltung stand für die Infoveranstaltung kein barrierefreier Raum im Hamburger Westen zur Verfügung, der groß genug gewesen wäre. Allerdings meldeten sich einige Schulen, bei denen angefragt worden war, gar nicht zurück. Zudem wurde nach Abendblatt-Information eine barrierefreie Option verworfen, weil der Aufwand, die Stühle und Tische in dem sonst als Schulmensa genutzten Raum umzustellen, als zu groß gesehen wurde.

Für FDP-Fraktionschefin Katarina Blume ein Unding. Sie kritisiert, dass ein Teil der Öffentlichkeit ausgeschlossen wird, und das nicht zum ersten Mal. „Wir bestrafen diejenigen, die ohnehin aufgrund ihrer Situation besonders belastet sind. Dabei sollten wir in Altona Vorbild sein und zeigen, dass Teilhabe eine Selbstverständlichkeit ist“, sagt Blume. Die FDP hat daher einen Antrag vorbereitet, der in der kommenden Bezirksversammlung am 25. Januar behandelt werden soll. Darin fordern die Liberalen vom Bezirk, dass alle öffentlichen Veranstaltungen ausnahmslos in barrierefreien Räumlichkeiten abzuhalten sind, dass dafür die Kooperation mit Schulen verbessert und den Politikern darüber Bericht erstattet wird. Ein Zeichen. Doch es braucht vielmehr Taten.
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